Über Nigeria wissen bei uns nur wenige aus eigener Anschauung Bescheid. Von der 2002 gegründeten islamistischen „Boko Haram“-Gruppierung und der gewaltsamen Entführung zahlreicher junger Mädchen haben jedoch die meisten gehört. Am Suppentag, der vom Frauenverein Titterten für die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten organisiert wurde, informierte Pfarrer Christian Weber, Studienleiter bei mission 21, auf packende Weise über die schwierige Situation in diesem Land: die krasse Armut breiter Bevölkerungsschichten, die durch Korruption und Misswirtschaft verschärft wird, die kulturgeographische wie auch religiöse Zweiteilung zwischen dem Süden und dem Norden, den bewaffneten Kampf islamistischer wie auch anderer Gruppierungen, den verbreiteten Analphabetismus und die extrem hohe Kindersterblichkeit.
Was lässt sich in einer derart aussichtslos scheinenden Situation tun? Die in Nigeria tätige „Church of Brethren“ oder „Kirche der Geschwister“ (EYN), die amerikanische und europäische Wurzeln hat, setzt auf (Mädchen-)Bildung, da diese erwiesenermaßen zur Reduktion vieler Missstände führt, fördert friedliche Begegnungen zwischen Christen und Muslimen, um Feindbilder abzubauen, und unterstützt die Entwicklung der lokalen Infrastruktur. Sie veranlasste beispielsweise, dass Christen in einem von Muslimen bewohnten Dorf einen Brunnen gruben, und ermöglicht es, dass schwangere Frauen unterschiedlicher konfessioneller Überzeugung in Gesundheitszentren zusammentreffen und friedlich miteinander über Themen reden, die sie als angehende Mütter miteinander verbinden. Die Kirche verteilt auch Nothilfe-Güter; dabei kommt es zu gemeinsamen Einsätzen muslimischer und christlicher Frauen. All dies fördert Versöhnung und dient dem Frieden.
Diese konstruktiven, Frieden stiftenden Impulse will die Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten im Rahmen ihres neuen Kirchgemeindeprojektes zum Thema „Frieden“ in den kommenden beiden Jahren aktiv unterstützen. Eines der beiden von der Kirchenpflege ausgewählten Projekte dient der Mädchenbildung im Nordosten Nigerias, das andere einem interreligiösen Friedensprogramm in derselben Region, das von Muslimen und Christen gemeinsam geleitet wird, beide Geschlechter wie auch Jugendliche mit einbezieht und nicht zuletzt auch den Klimawandel als Faktor berücksichtigt, der das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Ethnien und Religionen in Nigeria beeinflusst.
Die dem Referat von Christian Weber vorausgehende Sonntagspredigt von Pfarrer Andreas Olbrich thematisierte und hinterfragte den Umgang mit dem „Feind“ resp. mit Feindbildern und kommentierte eindringlich die existentielle Notlage der Menschen in den heutigen Kriegsgebieten wie auch der Flüchtlinge an den Grenzen Europas. Mit festlicher Blasmusik umrahmte und begleitete das Kirchenensemble des Musikvereins Reigoldswil unter der Leitung von Martin Meier den Gottesdienst. In der prachtvoll geschmückten Turnhalle blieben die Gemeindeglieder noch lange miteinander im Gespräch; gemeinsam genossen sie Suppe, Brot, Tee sowie köstliche Kuchen und Torten, die vom Frauenverein Titterten angeboten wurden. Für die Kinder war eine Spielecke vorbereitet worden. Alle Anwesenden freuten sich an den zahlreichen hübschen kunsthandwerklichen Fairtrade-Produkten, die Rosmarie Bolli für mercifair verkaufte. Ein Teil des Ertrags kommt den beiden erwähnten, von der Kirchgemeinde unterstützten Projekten in Nigeria zugute.