Markant wird hervorgehoben, welche Machtstellung seinerzeit der Dorfpfarrer hatte, der nicht nur Seelenhirte, Sittenrichter, Schulinspektor und Finanzverwalter war, sondern überdies oft als Sprachrohr der Regierung fungierte. Historische Gemälde von u.a. Samuel Frey (1785-1836) und Fritz Fontana (1890-1972) führen die Veränderungen des Reigoldswiler Ensembles von Kirche, (früherer) Schule und Pfarrhaus im Laufe der letzten Jahrhunderte vor Augen, zeigen aber auch, wie viel von der Schönheit des Dorfkerns wie auch der Landschaft bis heute erhalten geblieben ist.
Aufschlussreich ist die von Rémy Suter gestaltete Vitrine mit Dokumenten über das Aufkommen und die zunehmende Breitenwirkung des Pietismus – der Kultivierung der „Herzensfrömmigkeit“ – in den Baselbieter Landgemeinden des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts und den wachsenden Einfluss der Freikirchen in den Jahrzehnten nach der Kantonstrennung (1833). Um 1810 waren fast sämtliche Landpfarrer mit der Herrnhuter Brüdergemeinde verbunden. Nach der Kantonstrennung wurden die Landpfarrer jedoch „durch freisinnige auswärtige Pfarrer ersetzt“. In die dadurch entstehende emotionale Lücke „trat ab 1840 die Pilgermission St. Chrischona“, die Stunden in Privathäusern abhielt und dabei pietistische Strömungen neu belebte. Im „Fünflibertal“ geschah dies ab 1867, wobei die Teilnehmer Mitglieder der Landeskirche blieben.
Auch zum nachbarschaftlichen Nebeneinander von Glauben und Aberglauben werden interessante Dokumente präsentiert, so u.a. Objekte aus dem Zwischenboden alter Bauernhäuser, von denen eine Schutzwirkung erhofft wurde. Im sprichwörtlich gewordenen „doppelten Boden“ fristeten nicht nur Kruzifixe, sondern auch ungleiche Schuhpaare ein verschwiegenes Dasein. Ein weitherum verbreiteter Brauch war das „Bibelstechen“: das Durchbohren einiger Bibelseiten mit einer Nadel, wobei der Bibelspruch, auf den die Nadelspitze wies, als Leitlinie für das eigene Handeln oder als Urteil darüber verstanden wurde. So behielten magische Riten noch lange nach Reformation und Aufklärungszeit eine den Alltag prägende Macht.
Die reichhaltige Ausstellung ist jeden Monat am ersten Sonntagnachmittag geöffnet und noch bis zum Spätsommer 2015 zu sehen. Im Laufe des Kirchenjahres sollen die Vitrinen jeweils, der Saison entsprechend, teilweise umgestaltet werden.